Las Vegas – Schrauben am eigenem Projekt gehört für viele Tuningfans zur Winterpause wie das Amen in der Kirche. Messen wie die SEMA in Las Vegas oder die Essen Motor Show sorgen für Inspiration.
Viele Trends schwappen von den USA über den Großen Teich. Pietro Gorlier, Chef von Fiat Chrysler Automobiles hauseigener Zubehör- und Tuningfirma Mopar, sieht einen Trend zu mehr Individualisierung.
«Kein Autofan will das gleiche Auto fahren wie sein Nachbar», sagt er. Wichtig seien für sie eine persönliche Note, die Unterscheidung zu anderen Fahrzeugen gleichen Typs und die Individualisierung auf die eigenen Vorlieben. Bei den Marken Jeep, Chrysler oder Dodge verändern mittlerweile etwa 90 Prozent der amerikanischen Kunden ihr Fahrzeug nach ihren Vorstellungen – und wenn es nur besonders dicke Fußmatten oder breitere Trittbretter sind.
Vielfältiger Zubehörkatalog
Die Unternehmen haben darauf reagiert und bieten ein großes Sortiment im Zubehörkatalog an: von Chrom-Applikationen bis zum besonders starken Austauschmotor. Mopar stellte ein Treibwerk mit 7,0-Liter-Hubraum und 746 kW/1014 PS auf der letzten SEMA vor, der in alle Dodge-Fahrzeuge bis Baujahr 1976 passt – umfangreiche Umbauarbeiten an Fahrwerk vorausgesetzt. Nicht alle Tuningteile verkaufen sich auf der Welt gleich gut. So greifen europäische Kunden bei Geländewagen und SUVs gerne zu breiten Trittbrettern – im Gegensatz zu amerikanischen Kunden. Denn in den USA sehen die Fahrzeuge von Jeep neben großen Pick-up-Trucks von Ford oder Dodge wie Kleinwagen aus.
Mehr Vernetzung und mehr Farbe
Als Trend sieht Gorlier nicht nur die schiere Leistung, sondern mehr Service und mehr Vernetzung rund ums Auto. Aber auch mehr Farbe: 2019 wird es deutlich bunter. Bicolor-Lackierungen oder Folierungen fürs Blech und zweifarbige Räder werden beliebter. Viele Hersteller zeigten Felgen in Schwarz, Rot, Blau oder Gold – zum Teil durchgefärbt, manche nur mit einem Farbverlauf am Rand. Auch die Räder wachsen: 30 Zoll etwa bei SUVs sind keine Seltenheit.
Nicht alles was geht, ist auch erlaubt
Doch nicht alles, was in den USA erlaubt ist, lässt sich auch in Deutschland ans Auto schrauben. Zu den entsprechenden Tuningteilen müssen gültige Prüfzeugnisse wie eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) oder ein Teilegutachten vorliegen, erklärt Thorsten Rechtien vom Tüv Rheinland. In den Gutachten sind alle Fahrzeuge aufgeführt, für die das Tuningteil geprüft und geeignet ist. Außerdem gebe es zu jedem Fahrzeug Auflagen und Hinweise, die eingehalten werden müssen.
«Beim Verbau mehrerer Teile, die sich gegenseitig beeinflussen können, muss im Rahmen einer Einzelabnahme über die Zulässigkeit bei gegenseitiger Wechselwirkung entschieden werden», erläutert er. Dazu zählt die gleichzeitige Änderung von Federn und Rädern. Im Rahmen der Einzelabnahme lassen sich jedoch nur die Teile eintragen, die über ein gültiges Prüfzeugnis verfügen oder allgemein geprüft sind.
Montageanleitung und Vorschriften beachten
Tuningfans sollten deshalb darauf achten, dass bei den Teilen Prüfzeugnisse mitgeliefert werden. Bei Selbstmontage sei es wichtig, dass die Montageanleitung beachtet wird. Für gefährlich hält der Experte alle technischen Änderungen, bei denen Vorschriften missachtet werden und aus denen eine Gefährdung resultieren kann.
Auch Harald Schmidtke vom Verband der Automobil Tuner (VDAT) sieht beim Tunen eine Gefahr, wenn Tuningteile ohne Gutachten oder Genehmigung Einfluss auf die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs haben. «Interessierte sollten sich vor dem Kauf informieren, welches Produkt eintragungspflichtig oder ob ein Gutachten dabei ist.» Die Betriebserlaubnis erlischt nämlich, wenn vom An- oder Einbau eines Tuningteils eine Gefährdung ausgeht oder sich das Abgas- und oder Geräuschverhalten verschlechtert.
Fotocredits: Henning Orendt,Fabian Hoberg,G-POWER,Fiat Chrysler Automobiles,Annika Lütkemeyer,FCA,KW automotive
(dpa/tmn)