Berlin – Ein Titel kann dem Sandero nicht mehr genommen werden: Als das Dacia-Modell im VW-Polo-Format 2008 zu den Händlern kam, war es mit einem Listenpreis von knapp unter 7000 Euro Deutschlands billigster Neuwagen.
Technisch basiert er auf dem Clio. Das klingt zunächst vertrauenswürdig, denn der Kleinwagen vom Mutterkonzern Renault ist nicht für ausgesprochene Unzuverlässigkeit bekannt. Zudem gibt Dacia drei Jahre Garantie auf Neuwagen. Doch bei der Hauptuntersuchung (HU) leistet sich der Sandero viele Patzer.
Der «Auto Bild Tüv Report 2019» nennt ihn Mängelriese und schreibt: «Wenn ein Neuwagen so billig ist, liegt das eben nicht nur am Weglassen von weich unterschäumten Armaturenbrettern. Auch die Qualität leidet.» Dies belege bereits der erste HU-Termin, an dem die Achsaufhängung überdurchschnittlich oft Probleme bereitet. Ab dem zweiten kommen poröse Auspuffanlagen hinzu, beim dritten im Fahrzeugalter von sieben Jahren gesellen sich häufig Mängel an Lenkanlage und Antriebswellen dazu. Typisch über alle Jahrgänge: Funktionseinschränkungen von Fußbremse und Abbremslicht, auch die Abgasuntersuchung (AU) meistert er zu häufig nicht auf Anhieb.
Dass die HU-relevanten Mängel nicht notwendigerweise zu einem schlechten Pannenverhalten führen, zeigt das Abschneiden des Autos in der ADAC-Statistik. Der Autoclub notiert zum rumänischen Kompakten: «Der Sandero liefert eigentlich ein gutes Bild.» Allerdings vermiesen ihm demnach die Bilanz die häufig streikenden Batterien, ein vor allem bei den Baujahren 2012 bis 2014 auftretendes Manko. Gelegentlich ausrücken mussten die Pannenhelfer unter anderem auch wegen kaputter Anlasser bei Modellen von 2010 bis 2012 sowie maroden Auspuffrohren und -töpfen (2009 und 2010).
Gegenüber dem anderen Preisbrecher, dem Kombi Logan, etwas formschöner gelungen, rollte der gut vier Meter lange Sandero 2008 zu den Händlern. Ein Jahr später rückte die aufgebockte Stepway-Variante nach. Hatte die Erstauflage noch eine dürftige Sicherheitsausstattung mit nur Frontairbags, sind Seitenairbags und ESP seit der zweiten Generation, die 2012 debütierte, lieferbar.
Trotz seiner technischen Unzulänglichkeiten verfügt der Sandero über ein recht komfortables Fahrwerk, mit 320 Litern einem konkurrenzfähigen Stauraum und kann treibstoffsparend betrieben werden. Das liegt vor allem am recht geringen Gewicht von rund einer Tonne, das per se den Durst zügelt.
Nur die erste Generation kann alternativ zu Diesel und Benzin auch mit Bioethanol (77 kW/105 PS) gefahren werden. Dafür hielten ab 2012 mit dem Sandero II Dreizylindermotoren Einzug. Die reinen Benziner decken je nach Auflage und Ausführung eine Bandbreite von 54 kW/73 PS bis 66 kW/90 PS ab. Die Diesel kommen auf 50 kW/68 PS bis 70 kW/95 PS im neuesten Selbstzünder, der im Herbst 2018 unter die Haube kam. Die mit Autogas betriebenen LPG-Versionen, zu haben als Sandero I oder II, kommen auf 53 kW/72 PS bis 66 kW/90 PS.
Für Gebrauchtkäufer gilt: Auf eine frische HU-Plakette sollten sie bestehen, um Mängel auszuschließen. Eine weitere Besonderheit: Die niedrigen Neuwagenpreise führen zu vergleichsweise geringem Wertverlust, weshalb viele Dacia-Modelle als «Restwertriesen» gelten. Die Folge: Viele junge Gebrauchte sind kaum günstiger als Neuwagen sind.
Wer gebraucht kaufen möchte, kann sich im Falle eines Sandero 1.4 MPI LPG mit 55 kW/75 PS von 2011 am durchschnittlichen Verkaufspreis von 3800 Euro orientieren, den der «DAT Marktspiegel» der Deutschen Automobil Treuhand angesichts einer statistisch zu erwartenden Laufleistung von 104 000 Kilometern nennt. Wer den Sandero 1.6 16V 105 Ethanol mit 77 kW/105 PS in der Crossover-Variante Stepway sucht, muss im Falle eines 2012er-Baujahres mit 4575 Euro und 92.000 Kilometern rechnen.
Ein Sandero II 1.5 dCi 90 eco mit 66 kW/90 PS von 2017 wird mit 9975 Euro und 30.000 Kilometern geführt. Zur Information: Der Listenneupreis lag bei 12.050 Euro.
Fotocredits: Dacia
(dpa/tmn)