Zweirad-Alternativen: Roller statt Rush-Hour-Stress

Berlin – Es ist Rush-Hour, der Verkehr stockt. Ganz langsam schiebt sich die Blechlawine vorwärts. Der Blick geht nach rechts: Auf dem Radweg schwirren die Fahrräder vorbei. Plötzlich taucht im rechten Seitenspiegel ein Roller auf, der sich zwischen den Autos hindurchschlängelt.

Dann stockt der Verkehr wieder, während der Roller schon viel weiter vorne fährt. Autofahrer können dabei ins Grübeln kommen: Wäre ein Zweirad eine Alternative für die täglichen Fahrtwege? Allerdings wird einem die Distanz mit dem Fahrrad unter Umständen etwas anstrengend. Kein Problem: Es bleiben noch einige andere Optionen, um auf zwei statt vier Rädern voranzukommen.

Gerade in der Stadt auf dem Weg zur Arbeit sind Roller eine gute Auto-Alternative, sagt Dieter Quentin von der Bundesvereinigung der
Fahrlehrerverbände. Mit dem Autoführerschein darf man sogenannte Kleinkrafträder fahren. Die haben maximal 50 Kubikzentimeter (ccm) Hubraum und dürfen nicht mehr als 45 km/h fahren. «Die entsprechende Führerscheinklasse AM ist im Führerschein der Klasse B enthalten.» Wer seinen Autoführerschein vor dem 1. April 1980 gemacht hat, darf auch größere Roller fahren: sogenannte Krafträder mit bis zu 125 ccm Hubraum. Diese fahren rund 90 bis 110 km/h, schätzt Quentin.

Der Verband sieht es durchaus kritisch, dass der Autoführerschein auch zum Fahren von Rollern berechtigt. «Das Fahren ist nicht mit einem Pkw zu vergleichen», betont Quentin. Gerade das Verhalten in Kurven und beim Bremsen kann ungeübte Zweirad-Fahrer überraschen. Er rät deshalb vorher zu einer Einweisung bei einer Fahrschule. Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) empfiehlt, zunächst das Roller-Fahren zu üben. Dafür eigne sich etwa ein Parkplatz. «In der Stadt sollte man dann erstmal zu verkehrsarmen Zeiten fahren», sagt VCD-Sprecherin Anja Smetanin. Roller kosten vergleichsweise wenig Versicherung und Steuern. Außerdem fällt die Parkplatzsuche leichter.

Aus ökologischer Perspektive ist Roller aber nicht gleich Roller. Darauf weist Smetanin hin. Normale Roller müssen seit Januar 2016 die Euro-4-Norm erfüllen. Sie stoßen trotzdem anteilig mehr gesundheitsschädliche Abgase aus als moderne Autos. Außerdem sind sie sehr laut. Eine umweltfreundliche Alternative dazu: strombetriebene E-Roller. Im Gegensatz zu normalen sind E-Roller laut Smetanin von der Steuer befreit. Das bringt rund 25 Euro Ersparnis im Jahr. Die wirklichen Vorteile sind aber andere: «Sie machen keinen Lärm und sind emissionsfrei.» Sie haben rund 100 Kilometer Reichweite.

Eine weitere Alternative sind E-Bikes, die eine Brücke zwischen Rädern und Autos schlagen. «Damit kann der Durchschnittsradler wesentlich längere Strecken fahren», sagt Wasilis von Rauch, VCD-Bundesvorstand. Er schätzt: Für Strecken bis zu 30 Kilometern können sie das Auto ersetzen. Für größere Distanzen seien S-Pedelecs ideal: Die unterstützen den Radler bis zu 45 km/h mit elektrischer Motorkraft. Sie darf man mit einem Autoführerschein fahren.

E-Bikes sind im Vergleich zu normalen Fahrrädern recht teuer. Ihr Unterhalt ist aber günstig. Sie kosten weder Sprit noch Versicherung. S-Pedelecs sind eine Ausnahme: Versicherungskennzeichen sind für sie – wie auch für Leichtkrafträder – Pflicht. Das gilt auch für E-Bikes, die bis zu 20 km/h mit reiner Motorleistung, also ohne Tritteinsatz, fahrbar sind, teilt der
Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) mit. Diese beiden E-Bike-Typen dürfen Radwege auch nur benutzen, wenn diese mit dem Zusatzschild «Mofas frei» gekennzeichnet sind. Obwohl Radler besonders mit S-Pedelecs wesentlich schneller fahren können als mit normalen Drahteseln, sollten sie im dichten Verkehr lieber etwas Tempo rausnehmen. «Aufgrund der hohen Geschwindigkeit werden S-Pedelecs von Autofahrern nicht selten übersehen», sagt von Rauch. Dann fahre man lieber etwas zurückhaltend.

Einen Kofferraum haben weder Pedelecs noch Roller. Bei Pedelecs – wie auch bei normalen Fahrrädern – lassen sich Tragetaschen anbringen und Gepäckträger und Lenkerkorb nutzen. Roller bieten unter der Sitzfläche zumindest etwas Stauraum. Wer mehr Ladefläche braucht, könne auch mit einem Lastenrad mit Elektromotor zufrieden sein, sagt von Rauch. «Damit kriegt man das Meiste weg, was man sonst im Auto transportiert.» Wer sich einen Roller oder ein Pedelec zulegt, sollte bedenken: Sie brauchen einen sicheren Stellplatz. Und bei winterlichen Bedingungen können sie an Grenzen stoßen. Dann bleiben als Alternative alte Bekannte: das Auto – oder Bus und Bahn.

Nicht mit Shorts und Flip-Flops auf den Roller
Sommer-Klamotten an, Helm auf, los geht’s! So halten es viele Roller-Fahrer im Sommer. Doch das ist leichtsinnig. Auch auf dem Roller sollte man Motorradkleidung tragen, sagt Dieter Quentin von der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände. «Das muss keine dicke Lederkluft sein», stellt er klar. Es gebe für Rollerfahrer durchaus leichte Motorradbekleidung. Nach der Fahrt – etwa zur Arbeit – passen die Sachen in den Stauraum unter dem Rollersitz. Um auch im Dunkeln gut sichtbar zu sein, sollte die Kleidung reflektierende Elemente haben. Ebenso immer empfehlenswert sind Handschuhe, sagt Quentin.

Fotocredits: Roland Weihrauch
(dpa/tmn)

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